von Georg Reinhold
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15. November 2022
Technik und Innovation haben mich schon von Kind an fasziniert und begeistert. Später saß ich mit 1300 anderen Erstsemestern in den Maschinenbau-Vorlesungen an der RWTH Aachen zusammen, die auch alle technikbegeistert waren und wie ich Erfinder werden wollten. In meinem beruflichen Werdegang habe ich viele Maschinen- und Anlagenbau-Unternehmen gesehen, die voll von technikbegeisterten Menschen waren – und sind. Sie wissen, was ich meine: Großartige kreative Tüftler mit sehr viel Potential! Was mir in den Unternehmen auffiel, waren wiederkehrende Muster: Die Entwicklungspipeline war meist übervoll mit Projekten und Ideen; es waren immer zu wenig Mitarbeiter verfügbar, um all die Entwicklungen im Zeitplan fertigzustellen; die Entwicklungszeiten bis zur Marktreife waren immer viel länger als ursprünglich gedacht. Und das Schlimmste: Hatte ein Produkt es bis zum Markt geschafft, fielen die realisierten Umsätze und Margen oft weit hinter die Markterwartung zurück. ❓ Warum wurde der Outcome dem reichlich vorhandenen Potential dieser großartigen Tüftler nicht gerecht?! ❗In weiten Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus (und ich schließe explizit die Führungsebenen mit ein) herrscht meines Erachtens nach der deutsche ingenieurtechnische Erfindergeist: Man hat sehr kreative Ideen und komplexe Lösungen, die entwickelt werden, weil sie so anpruchsvoll sind - aber nicht, weil der Markt danach schreit. 👉 Es fehlt dem deutschen Erfindergeist an Marktnähe und Ausrichtung auf den Kundennutzen und Kundenmehrwert. In den Unternehmen, in denen ich die Verantwortung übernommen habe, habe ich begonnen, die Projekte in der Entwicklungspipeline nach messbarem Kundennutzen bewerten zu lassen und dementsprechend auch priorisiert. Die Folge war: 1. Die Anzahl der Projekte in der Entwicklungs-Pipeline hat sich drastisch reduziert und sie konnten mit den vorhandenen Ressourcen abgearbeitet werden. 2. Aufgrund der fokussierten Abarbeitung der Enwicklungsprojekte hat sich die Time-to-Market stark verkürzt und es werden mehr neue Produkte jährlich gelauncht. 3. Die Anzahl der Markt-Flops hat sich ebenfalls stark reduziert. Gerne möchte ich sagen, dass sich in diesen Unternehmen auch ein Umdenkprozess des "deutschen Ingenieurs" hin zu mehr Kundenorientierung eingestellt hat. Aber dazu fehlen mir leider die Zahlen, Daten und Fakten. ❓ Wie ist Ihre Meinung zur Kreativität der deutschen Ingenieurkunst? Wird eine starke Kundenorientierung in der F&E Pipeline die Unternehmen langfristig stärken? Oder braucht der deutsche Ingenieur seine kreative Freiheit, um den maximalen Vorteil für seine Arbeitgeber zu entfalten? In Austausch gehen - Veränderung bewirken - Werte schaffen Ihr Georg Reinhold